Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
3. Juli 2025 | Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung

Was folgt aus KI-Entwicklungen für die politische Bildung?

Gedanken aus der et-Workshopwoche


Ein Blick in aktuelle Studien zur Mediennutzung – etwa die JIM- oder KIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest – verrät: Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil des Alltags von jungen Menschen. Ob eingebunden in Messenger-Apps, beim Ausprobieren von ChatGPT oder beim Bearbeiten von Bildern – KI begegnet jungen Menschen auf vielfältige Weise. Damit hat KI eine Relevanz im Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen entwickelt, was sich auch in Angeboten der politischen Bildung widerspiegelt.

Deshalb hat sich die Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et) in ihrer diesjährigen Workshopwoche in Villigst die Frage gestellt: Was bedeuten die KI-Entwicklungen für die politische Bildung?

Mit Nele Hirsch vom eBildungslabor, ging es zunächst um eine Annäherung, was genau unter KI zu verstehen ist. Besonders prägnant war das Bild der KI als „stochastischem Papagei“ – also als einem System, das basierend auf statistischer Wahrscheinlichkeit Inhalte wiedergibt. Das Bild hilft dabei, die Leistungsfähigkeit gängiger Anwendungen realistischer einzuschätzen und mögliche Stolperfallen, zum Beispiel die Reproduktion von Voreingenommenheiten, zu identifizieren. Hier schließt sich für die politische Bildung die Frage an: Wie sollten wir kritisch und klug KI thematisieren und nutzen?

Um einen Einblick in die mittlerweile zahlreichen KI-Modelle zu bekommen, gab es im sogenannten Tüftellabor die Möglichkeit auszuprobieren, sich auszutauschen und zu spielen. Nele ermunterte dazu, sich durch KI-Modelle herausfordern zu lassen. Das geht weiter als beispielsweise ChatGPT eine Frage zu stellen und soll primär das eigene Denken anregen – was einen wachen Kopf benötigt und viel Spaß macht. So kann ChatGPT zwar einen Textentwurf für den nächsten Blogartikel schreiben, ob dieser aber die Kernthesen des Themas trifft, ist eine andere Frage. Als Idee, Kernthesen herauszuarbeiten und dann als Grundlage für einen Text zu nutzen, könnte ein Prompt nun lauten: „Wir spielen ein Spiel. Ich schreibe eine Aussage zu KI, die für meinen beruflichen Kontext wichtig ist – und direkt daran anschließend eine Warum-Frage dazu. Du beantwortest die Warum-Frage und hinterfragst wiederum deine Antwort mit einem Warum.“ Es entsteht hierbei ein Zwiegespräch, in dem Aussagen intensiv geschärft und ausformuliert werden und eine gute Grundlage für einen Blogartikel bilden (für diesen Blogartikel bin ich nicht mit einem Sprachmodell ins Gespräch gegangen).

Mittels vielfältiger, an das Design-Thinking angelehnter Methoden wurde diskutiert, wie politische Bildung KI-Entwicklungen aufnehmen kann. Welches Wissen und welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte? Welche Tools lassen sich für welche Methoden oder praktischen Arbeitsschritte nutzen? Und wie können wir junge Menschen dort abholen, wo sie stehen? Die gesammelten Stichpunkte, Gedanken und Mindmaps wurden immer wieder kondensiert oder neu kontextualisiert.

Zum Abschluss durfte jede*r einen Ansatz, einen Gedanken oder eine Frage aufschreiben – diese Zettel wanderten durch die Runde, wurden mehrfach gelesen und bewertet: Welche Gedanken finden besonders viel Zustimmung?

Viel Zuspruch fanden Gedanken, wie:

  • Wir sollten beim Thema KI unsere Werte, Fachlichkeit und Menschlichkeit bedenken und anwenden.
  • KI machtkritisch reflektieren und im guten Sinne der Demokratiebildung zusammendenken.
  • Auswirkungen von KI auf individuelles Lernen und Entwickeln sowie auf Gesellschaft beziehen, kritisch reflektieren und beobachten.
  • Was genau ist eigentlich revolutionär an KI? Wie verändert sich mein Denken, wenn ich mit einer KI interagiere? Welche Aufgaben möchte ich, als Mensch, selber machen, welche soll die KI übernehmen?
  • Inklusion mittels KI vorantreiben. Im Idealfall: KI als demokratieförderndes Instrument besser nutzen.

Wer neugierig ist, was hinter den Design-Thinking-Methoden steckt, kann den Ablauf hier auf Neles Blog nachlesen.

Die nächsten Schritte

Die et arbeitet weiter am Thema KI und hat dabei sowohl Jugendliche als auch Fachkräfte im Blick. Wichtig ist dem Netzwerk dabei:

  • als Fachkräfte Hintergrundwissen über KI aufzubauen und Fragestellungen für die politische Jugendbildung zu entwickeln,
  • die eigene Anwendung von KI transparent darzustellen und zu reflektieren,
  • KI als Thema, in der didaktisch-methodischen Gestaltung und als Werkzeug zu erproben,
  • digitale und analoge Lernorte zu nutzen.

Als besonders spannende Themen kristallisierten sich heraus:

  • KI mit Themen wie Einsamkeit oder dem Wunsch nach Beziehung zu verbinden,
  • nicht einseitig in individuelle Verantwortlichkeiten abzubiegen, sondern Fragen nach gesellschaftlichen Machtverhältnissen und Regulierung aufzugreifen,
  • den Begriff der „Wahrheit“ unter den Bedingungen von KI zu beleuchten, dazu gehörend das „Mensch-Sein“ und was Mensch-Sein ausmacht,
  • Auswirkungen auf demokratische Prozesse zu analysieren und
  • eine Verbindung zum Thema sozial-ökologische Transformation herzustellen.

Die et-Workshopwoche dient neben dem inhaltlichen Schwerpunkt auch der Weiterentwicklung des Netzwerks. So befasste sich die et ausgiebig mit Fragen der Selbstevaluation und Wirkungsanalyse, diskutierte spannende Fragen wie  Zugänge zu unterschiedlichen Zielgruppen und Kooperationen mit vielfältigen Akteuren.

Das nächste Mal trifft sich unser Netzwerk übrigens im Januar in Meißen – und wir freuen uns schon jetzt darauf, die vielen Fäden aus den Diskussionen rund um KI und Wirkung weiterzuspinnen.

Kontakt: Annika Gramoll