29. Juli 2024 | Evangelische Akademie der Pfalz
Vermögenssteuer und politische Bildung
Investitionen in eine ökologisch nachhaltige Zukunft
Der demographische Wandel, der russische Angriffskrieg, die Nachwirkungen der Coronapandemie und nicht zuletzt die Klimakatastrophe stellen Deutschland vor enorme Herausforderungen, denen wir und insbesondere auch die heranwachsenden Generationen uns stellen müssen. Es gilt, gemeinsam Wege zu finden, mit diesen Problemen umzugehen. Und irgendwie müssen wir diese Wege auch gemeinsam finanzieren. Ein Weg wären Sparmaßnahmen des Staates, doch diese würden die sozialen Ungleichheiten weiter verstärken und wichtige Investitionen in eine ökologisch nachhaltige Zukunft verhindern. Auch die Aufnahme weiterer Kredite könnte als Finanzierungsinstrument dienen. Doch wie stark wollen wir die nächsten Generationen belasten?
Ein anderer Lösungsvorschlag, der immer wieder laut wird wenn es um die Finanzierung der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen geht, ist die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Die Evangelische Akademie der Pfalz hat einen Raum geöffnet, in dem Jugendliche und Politik über die Vermögenssteuer als mögliches Finanzierungs-, Umverteilungs-, und Lenkinstrument für eine sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Zukunft diskutieren konnten.
Vermögenssteuer und politische Bildung
Schon lange diskutieren wir in der politischen Jugendbildung über die sozial-ökologische Transformation und entwickeln Zukunftsmodelle als Alternativen zum herkömmlichen Konsum. Die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, behandeln wir gerne kreativ und mit viel Mut. Eher trocken anmutende Fragen, wie die nach einer nachhaltigen Finanzierung, bleiben dabei zu häufig auf der Strecke. Gemeinsam mit 25 Jugendlichen hat die Evangelische Akademie der Pfalz sich diese Frage im Rahmen eines Wochenendworkshops gestellt.
Um überhaupt über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sprechen zu können, mussten wir uns zuerst ein Grundverständnis über das deutsche Steuersystem aneignen. Steuern gelten per se als unliebsames, aber wichtiges Thema. Dank dieses viel zu schlechten Rufs kommen sie in der Jugendbildung häufig zu kurz. Und doch sind Steuern etwas, das uns beinahe täglich begegnet. Schon beim Kauf der ersten Schlickertüte haben wir alle Steuern gezahlt. Und von dem steuerfinanzierten Deutschlandticket oder den Landstraßen profitieren wir alle gerne.
Also hieß es zunächst, das Image von Steuern als langweilig und lästig aufzupolieren. Dafür haben wir uns mit unterschiedlichen Expert*innen ausgetauscht. Wir haben mit einem Vertreter von Attac darüber diskutiert, wie Gerechtigkeitsvorstellungen und Steuern zusammenhängen. Mit Prof. Dr. Laura Seelkopf lernten wir die aktuellen Herausforderungen von Steuern kennen, setzten uns mit der Lenkwirkung von Steuern auseinander und eruierten, welche Steuer welches Handeln fördert und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft hat. Zudem haben wir auch ganz praktisch durch einen Mitarbeiter des Finanzamts erfahren, wie Steuern verwaltet werden und wie die Steuern in einem föderalen System verteilt werden.
Diskussion mit Spitzenpolitikern
Nachdem wir uns einen Überblick über das Steuersystem verschafft und schon einige Zielkonflikte ausfindig gemacht und intensiv diskutiert hatten, ging es langsam auf den Höhepunkt des Wochenendes zu. Schließlich wollten wir noch mit unserem ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck und dem Fraktionsvorsitzenden des rheinland-pfälzischen Landtags Philipp Fernis über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer diskutieren. Gemeinsam bereiteten wir uns nun auf das Highlight des Wochendes vor. Dafür sprachen wir gezielt noch einmal über die Vermögenssteuer und machten Zielkonflikte ausfindig. Diese sammelten die Jugendlichen, unterteilten sie in Themenblöcke und leiteten Fragen für die anstehende Diskussion ab.
Am Sonntagmorgen ging es dann in die Podiumsdiskussion mit Kurt Beck und Philipp Fernis, die von zwei Teilnehmenden aus der Gruppe geleitet wurde. 90 Minuten lang beantworteten die beiden Politiker fleißig die meisten unserer Fragen. Und selbst jetzt wären den Jugendlichen die Fragen noch längt nicht ausgegangen.
Jugendliche können Steuern
Gemeinsam blicken wir auf ein anstrengendes aber lehrreiches Wochenende zurück. Dabei wurde deutlich, wie wertvoll die Jugendlichen den persönlichen Austausch mit den Politikern nicht nur auf einer inhaltlichen, sondern auch auf einer persönlichen Ebene, fanden. „Das war wie im Fernsehen – nur eben in echt“ fasste eine Teilnehmerin (18) ihre Eindrücke zusammen.
Sehr ermutigend war, dass ein Workshop zum Thema Steuern die jungen Teilnehmenden erfolgreich in ihrer Lebenswelt abholen konnte. Sie verlassen den Workshop mit mehr Kenntnissen über unseren Sozialstaat und mit Impulsen zu unterschiedlichen Gerechtigkeits- und Zukunftsvorstellungen. Diese Erfahrung kann auch andere Menschen in der politischen Jugendbildung dazu ermutigen, sich häufiger an schwierige oder scheinbar trockene wirtschaftspolitische Fragen heran zu trauen – gerade, weil diese Fragen in der Schule und der außerschulischen politischen Bildung zu oft auf der Strecke bleiben. Um es mit Yassins (15) Worten zu sagen „Zumindest wissen wir jetzt nicht nur, wie man eine Gedichtanalyse in vier Sprachen schreibt, sondern dank des spannenden Wochenendes auch etwas über die Steuern.“
Kontakt: Tomke-Maillien Lübben