5. Dezember 2017 | EJSA Bayern e.V. / Evangelische Jugend Nürnberg
Rap und Politik im Jugendhaus
Veranstaltung zur Bundestagswahl
„Es wird sich lohnen“ sang Rapper Apol aus Berlin zum Abschluss der Veranstaltung zur Bundestagswahl. Dass das auch für die politische Urteilsfähigkeit und die Wahlbeteiligung junger Menschen gilt, war die Hoffnung der Veranstalterinnen, wenn sich Rap und Politik im Jugendhaus treffen.
Das Setting: Ein Kinder- und Jugendhaus mit Kicker und Konfliktpotential. Die Zielgruppe: Jugendliche aus meist ökonomisch- und bildungsschwachen Familien. Das Ziel: Vier Direktkandidaten von SPD, CSU, GRÜNE und Linkspartei stellten sich eine Woche vor der Bundestagswahl den Anliegen, Aufforderungen und Argumentationen von rund 50 Jugendlichen. Das Fazit: Es hat sich gelohnt.
Eine gute Stunde lang redeten abwechselnd Jugendliche und Politiker und versuchten, sich jeweils gegenseitig die Welt zu erklären. Die Jugendlichen etwa berichteten von regelmäßigen, sich häufenden, scheinbar willkürlichen Polizeikontrollen in ihrem Stadtteil. Warum das so sei, wollten sie wissen. Die Politiker versuchten es mit der verdrängten Drogenszene vom Hauptbahnhof zu erklären. Dass diese Menschen aber nicht bis in ihr Viertel kommen, wussten die Jugendlichen besser. Vielleicht sollte es mal einen Runden Tisch mit Polizei, Streetworkern und Jugendlichen geben, war daraufhin ein Vorschlag der Politik. Anderes politisches Thema aus der jugendlichen Lebenswelt: Konsum von Cannabis. Hartnäckig versuchten ein paar der jungen Männer, die strikte CSU-Position gegen die Legalisierung mit ihren Argumenten umzustimmen. Keine Chance. Wo übereinstimmende Zustimmung herrschte, war die Wohnungsmarktpolitik. Ja, die Mietbremse greift nicht, wie erwartet, so die einen. Ja, es müssen mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden, so die anderen. An der ganz aktuellen prekären Situation – gerade für junge Menschen mit Ausbildungsgehalt – änderte diese politische Einmütigkeit aber leider bisher wenig. Der Wunsch nach Veränderung ist von allen Seiten spürbar. Die Antworten der Politiker auf die Vorschläge und Fragen der Jugendlichen nicht immer befriedigend. Dennoch: dass sich Politiker in der heißen Phase des Wahlkampfes in ein Jugendhaus aufmachen, wurde von fast allen gewürdigt. Und auch die Politiker schienen danach nicht unzufrieden die Treppen wieder hinauf zu steigen. Ihre Lebenswelten sind sich zumindest einen Abend lang begegnet und allein das dürfte sich hoffentlich rein menschlich gelohnt haben.
Fragt man im Jugendhaus herum, so haben vermutlich ca. 50% der Wahlberechtigten gewählt. Die meisten Nicht-Wähler*innen zweifeln daran, dass ihre Stimme etwas verändert. Bei der U18-Wahl, die einen Tag später mit großer Party im Jugendhaus durchgeführt wurde, konnte man aber ganz deutlich sehen, was wenige Stimmen ausmachen können: 47% für die Linkspartei mit 8 der insgesamt nur 18 abgegebenen Stimmen, zweitstärkste Kraft mit 3 Stimmen die AFD (17%). Das Wahlergebnis zeigt nicht nur, wie wichtig eine hohe Wahlbeteiligung sein kann, sondern auch dass junge Menschen unterschiedliche Antworten auf die Fragen unserer Zeit haben. Die einen denken, dass linke Politik mit dem Ziel der Umverteilung und Solidarität für alle ein Gewinn für die Gesellschaft sein könnte, die anderen meinen wohl, dass die Alternative zu den heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen rechts und reaktionär ist. Dass Rassismus und Nationalismus aber niemals eine Antwort sein können und dass ein friedliches, weltoffenes und vielfältiges Miteinander machbar ist, üben wir jeden Tag im Jugendhaus – mit und ohne bevorstehende Bundestagswahl.
Kontakt: Dorothee Petersen