16. September 2023 | Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
Parlamentarischer Abend "Exit Racism"
Gemeinsam gegen antimuslimischen Rassismus
Vor dem Hintergrund des kürzlich veröffentlichten Abschlussberichts des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. mit ihren Kooperationspartnern am 9. September einen Parlamentarischen Abend. Dieser bot einen Raum zum Austausch darüber, wie die Ergebnisse des UEM in die Strukturen der Jugendarbeit integriert werden können. Geladen waren nicht nur Parlamentarier*innen, sondern auch evangelische und muslimische Akteur*innen der Zivilgesellschaft. Die Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et) beteiligte sich als Mitveranstalterin.
Gemeinsam gegen antimuslimischen Rassismus
Der Abend begann mit einem gemeinsamen Statement der Gastgeberinnen und Gastgeber gegen antimuslimischen Rassismus – vorgetragen von Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland – in dem die Wertebasis der Religionsgemeinschaften betont wurden. Es wurde deutlich gemacht, dass Diskriminierung und Rassismus unvereinbar mit diesen Werten sind. Das Statement betonte zugleich, dass Rassismus nach wie vor soziale und ökonomische Ungleichheit, Ausgrenzung und sogar Gewalt verursacht.
Die Organisationen wollen sich zukünftig verstärkt für gleichberechtigte Teilhabe aller und Vielfalt als Normalität in unserer Gesellschaft einsetzen. Besonders betonten sie die Notwendigkeit, antimuslimischem Rassismus aktiv entgegenzutreten, da Muslim*innen und jene, die als solche wahrgenommen werden, in unserer Gesellschaft einem besonders großen Druck ausgesetzt sind. Zugleich wurde antimuslimischer Rassismus als eine potenzielles Einfallstor für rechtsextreme Ideologien identifiziert. Diese Gefahr für eine demokratische Gesellschaft wurde erst kürzlich im Abschlussbericht des UEM in aller Dringlichkeit hervorgehoben.
Rassismus: Unbemerkt und doch allgegenwärtig
Die Keynote der Rassismusforscherin Yasmina Gandouz-Touati leitete die thematische Diskussion ein. Sie sprach über die aktuellen Entwicklungen im Bereich antimuslimischer Rassismus und betonte die Notwendigkeit der Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Problems.
In der anschließenden Panel-Diskussion brachten Vertreterinnen und Vertreter aus der evangelischen und muslimischen Jugendarbeit sowie aus Politik und Wissenschaft ihre Perspektiven und Ideen ein, welche Hürden und Bedarfe es in der Jugendarbeit gibt. Die Diskussion war geprägt von einem gemeinsamen Engagement für eine inklusive Gesellschaft und eine lebhafte Debatte darüber, wie dies erreicht werden kann. Es tauschten sich auf dem Panel aus:
- Karima Benbrahim – Mitglied des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM)
- Taner Beklen – Bündnis für muslimische Jugendarbeit
- Melanie Haas – Leiterin der Abteilung Demokratie und Engagement des BMFSFJ
- Prof. Wolfgang Schröer – Universität Hildesheim, Vorsitzender Bundesjugendkuratorium
- Michael Peters – aej-Generalsekräter
Sowohl auf dem Panel als auch am gesamten Abend wurde abermals gezeigt, wie entscheidend es für muslimische Träger und Jugendverbände ist, in die Regelstrukturen eingebunden zu sein und aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken zu können. Dies ist jedoch aufgrund bürokratischer und struktureller Hürden schwierig. Trotz dieser Herausforderungen haben die Teilnehmer des Abends gezeigt, dass sie fest entschlossen sind, diese Hindernisse zu überwinden. Gleichzeitig wurde klargemacht, dass es auch aus den Strukturen selbst – von Seiten etablierter Verbände und auch der Verwaltung – aktive Bemühungen benötigt, diese seit Jahrzehnten bestehenden und bekannten Widrigkeiten zu bewältigen.
Seit diesem Jahr gibt es dazu zwei Modellprojekte, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert werden. Das Projekt „Jugend 2025“ wird in Trägerschaft der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) e. V. durchgeführt. Es reagiert auf die dynamische Entwicklung muslimischer Jugendselbstorganisationen in Deutschland und strebt an, diese Organisationen zu stärken, ihre Professionalisierung voranzutreiben und ihre Integration in die Jugendverbandsarbeit zu fördern. Das Projekt „Neue Bündnisse, neue Wege“, das von der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung in Kooperation mit Teilseiend e.V. /Muslimische Akademie Heidelberg durchgeführt wird, will mit einer Kerngruppe von muslimischen Initiativen und Trägern neue Wege der politischen Jugendbildung erproben und damit einen Beitrag für eine nachhaltige Etablierung wirkungsvoller und zeitgemäßer Angebote für Kinder und Jugendliche schaffen. Das BMFSFJ möchte mit den zwei Modellprojekten Voraussetzungen schaffen, die es muslimischen Organisationen ermöglichen, perspektivisch in die Regelförderstrukturen der Jugendverbandsarbeit bzw. der politischen Jugendbildung über den Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) aufgenommen zu werden.
Zum Abschluss des Bühnenprogramms wurde ein besonderer Dank an die Mitwirkenden der Wanderausstellung „Exit Racism“ ausgesprochen, die den Abend maßgeblich inspiriert hatte. Die intensive Arbeit vieler engagierter Menschen und das Teilen ihrer persönlichen Erfahrungen ermöglichen wichtige Sensibilisierungsarbeit und tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Auswirkungen von Rassismus zu schärfen.
Der Appell bleibt: Exit Racism!
Der Parlamentarische Abend „Exit Racism“ war nicht nur eine inspirierende Veranstaltung, sondern auch ein Aufruf: Exit Racism! Die Kooperationspartner*innen haben verdeutlicht, dass antimuslimischer Rassismus unter anderem auch eine enorme strukturelle Hürde für viele vor allem junge Menschen darstellt – und das schon seit Jahrzehnten.
Es ist notwendig, diese Problemlage nun endlich anzugehen.
Die Veranstaltung wurde ausgerichtet von der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend mit ihren Kooperationspartner*innen im Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit – bestehend aus der Muslimischen Jugend in Deutschland, dem Muslimischen Jugendwerk sowie der Koptischen Jugend Deutschlands – in Zusammenarbeit mit der Diakonie Deutschland, der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung, der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit und der Bevollmächtigten des Rates der EKD.