Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
17. Februar 2025 | Evangelische Akademie der Pfalz

Kürzen wir uns die Zukunft weg?

Mit Jugendlichen und Expert*innen die Schuldenbremse hinterfragen


In die Zukunft investieren? Den nächsten Generationen bloß keine Schulden hinterlassen? Die heiße Debatte über die Schuldenbremse war einer der wichtigsten Gründe für das Scheitern der Ampel-Koalition und die vorgezogenen Neuwahlen. Die einen möchten mehr investieren – in Schienen, Schulen und Klimaschutz – und die anderen wollen vermeiden, dass wir unter einem Schuldenberg erdrückt werden. Beide führen als Hauptgrund für ihre Ziele die kommenden Generationen an, denen wir wahlweise eine gut funktionierende Infrastruktur und Umwelt, oder einen gesunden Staatshaushalt hinterlassen wollen. Aber was wollen die jungen Menschen selbst? Allzu oft werden sie gar nicht erst gefragt.

Grundlegendes verstehen und eine eigene Meinung bilden

Im Rahmen des „Projekttags der ökonomischen Bildung“ hat sich die Evangelische Akademie der Pfalz gemeinsam mit etwa 35 Lerner*innen der 10. Klasse des Raiffeisen-Campus in Dernbach die Schuldenbremse vorgenommen: warum gibt es sie? Wie funktioniert sie? Wer ist dafür, wer dagegen? Und warum ist sie überhaupt so wichtig, dass die Ampel-Koalition darüber ständig gestritten hat? Einen Tag lang hat sich die Gruppe intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt.

Damit sich die Jugendlichen eine eigene Meinung bilden konnten, waren zunächst die Grundlagen zu klären: warum überhaupt Schulden gemacht werden, unter welchen Bedingungen sich Staaten Geld leihen, und wo die Unterschiede zwischen Staatsfinanzen und privaten Finanzen liegen. Das berühmte Bild der „schwäbischen Hausfrau“ hilft da nämlich nur sehr bedingt weiter. Gerade bei Jugendlichen mit wenig ökonomischen Vorkenntnissen hilft es, auch die ganz basalen Dinge einmal langsam zu besprechen. So kam beispielsweise die Frage auf, warum im Staatshaushalt etwas von „Entwicklungshilfe“ steht und es wurde diskutiert, warum wir dafür Schulden aufnehmen. (Wirtschafts-)Politische Bildung braucht Zeit.

Eine Podiumsdiskussion vorbereiten

Trotz der der komplexen Thematik und des nicht immer offensichtlichen Realitätsbezugs für die Jugendlichen, war das Engagement meist auf beeindruckend hohem Niveau. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Jugendlichen für die folgende Woche eine Podiumsdiskussion vorbereiteten. Hier sollten sie selbst mit Expert*innen ins Gespräch kommen, Gelerntes anwenden und vor allem auch Erfolgserlebnisse sammeln. Vor Mitschüler*innen, Eltern, Geschwistern und der interessierten Öffentlichkeit haben einige mutige Jugendliche am 5. Februar mit Katharina Schlag (Wirtschaftsförderung Westerwald), Ulrich Schmalz (ehemals MdB für die CDU) und Dr. Tobias Hentze (Institut der Deutschen Wirtschaft) über die Schuldenbremse diskutiert. Fragen, die am Projekttag noch offengeblieben sind, konnten sie hier adressieren und ihrer Meinung einmal wirklich Gehör verschaffen. Gleichzeitig profitierten sie von der Expertise der eingeladenen Gäste, um das Gelernte zu festigen oder neu zu hinterfragen. Vor allem aber merkt man, dass die Jugendlichen durch das Gespräch mit den Expert*innen und durch die Öffentlichkeit der Abschlussdiskussion ein wesentlich höheres Gefühl der Selbstwirksamkeit (oder „Ownership“) entwickeln und somit auch motivierter bei der Sache sind als bei anderen innerschulischen Veranstaltungen.

Vor dem Hintergrund der (auch an Haushaltsfragen) gescheiterten Ampel, der kommenden Neuwahlen, des Investitionsmangels in Deutschland und der fehlenden Ausgaben für Klimaschutz, Bahn und Digitalisierung, war ein solches intensives Lern- und Gesprächsformat zur Schuldenbremse ein passendes und erfolgreiches Konzept. Die fruchtbare Zusammenarbeit beim „Tag der ökonomischen Bildung“ ist bei der Evangelischen Akademie der Pfalz mittlerweile ein wichtiger Eckpunkt in der Jahresplanung geworden.

Kontakt: Simon Wahl