Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
16. Dezember 2024 | Muslimische Akademie Heidelberg - Teilseiend e.V.

Impulse aus Wissenschaft und Praxis

Zukunftsperspektiven muslimischer Bildungsvereine


Kürzlich organisierte das Projekt „Neue Bündnisse – Neue Wege“ einen Critical Friends Talk, um zentrale Herausforderungen und Perspektiven muslimischer Bildungsvereine zu beleuchten. Der Austausch mit den eingeladenen Expert*innen, Prof. Dr. Bekim Agai und Dr. Raida Chbib, bot wertvolle Impulse zur strategischen Weiterentwicklung. Beide Gäste bringen umfangreiche Erfahrungen aus Wissenschaft, Bildung und gesellschaftlicher Praxis mit und beleuchteten aktuelle Fragestellungen, die sowohl die praktische Arbeit als auch die öffentliche Wahrnehmung und Verortung muslimischer Bildungsträger in der politischen Bildung betreffen. Anbei stellen wir ein paar der diskutierten Thesen vor:

  1. Klare Rollenabgrenzung statt „Ersatzreligionsgemeinschaft“: Muslimische Bildungsträger verstehen sich als Akteure der politischen (Jugend-)Bildung und nicht als religiöse Institutionen. Dennoch werden sie in der öffentlichen Wahrnehmung häufig mit religiösen Autoritäten gleichgesetzt. Dies führt zu Missverständnissen und falschen Erwartungen. Eine klares Selbstverständnis sowie die transparente Kommunikation der Aufgabenfelder sind daher entscheidend.
  1. Ressourcenmanagement und „funktionaler Overload“: Die Vielzahl an Anfragen aus Politik, Stadtgesellschaft und Institutionen übersteigt oft die Kapazitäten der muslimischen Bildungsträger aber auch die Zuständigkeit und Expertise. Deshalb ist eine zentrale Herausforderung mit den vorhandenen Ressourcen ein langfristiges Wirken in den Blick zu nehmen um einen „funktionalen Overload“ zu vermeiden. Wichtig ist auch, die eigene Expertise klar zu benennen und über Kooperationen auch auf andere Partner*innen zu verweisen.
  1. Vermittlung muslimischer Perspektiven mit Sensibilität und Diplomatie: Muslimische Bildungsträger bringen muslimische und (post)migrantische Perspektiven in gesellschaftliche Prozesse und Diskurse mit ein und fungieren als Brückenbauer zwischen muslimischen Communities und der Gesellschaft.
  1. Jugend- und Alltagsrelevanz in der Bildungsarbeit: Ein großes Potenzial liegt in der Ansprache jugendlicher Zielgruppen. Themen wie Rassismuserfahrungen, Identitätsfragen und religiöse Fragen in Jugendkulturen sind für viele junge Menschen relevant. Muslimische Träger politischer Bildung können hier neue Ansätze entwickeln, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern und die Lebensrealitäten junger Menschen in all ihrer Vielfalt einbinden.
  1. Nachhaltigkeit und langfristige Verankerung: Muslimische Träger politischer Bildung übernehmen in eine zentrale Rolle in Ergänzung zu muslimischen Gemeinden und der Islamischen Theologie. Hierfür braucht es stabile Strukturen und Ressourcen. Eine strategische Fokussierung und die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren tragen dazu bei, die Arbeit langfristig zu sichern.

Der Critical Friends Talk lieferte wertvolle Impulse für die Ausrichtung der politischen Bildung in muslimischer Trägerschaft und zeigte Perspektiven auf, wie diese gesellschaftliche Lücken schließen, demokratische Prozesse stärken und Bedarfe muslimischer Communities adressieren können.

Kernaufgaben wie klare Profilbildung, strategische Partnerschaften und die Fokussierung auf Bildungs- und Vermittlungskompetenz bleiben entscheidend. Zukünftig sollten jugendrelevante Themen, breitere Vernetzung und innovative Bildungsangebote stärker in den Fokus rücken.

Kontakt: Michèl Ali Schnabel